Seelsorge - mehr
Dehon als junger Priester Einige erste pastorale Erfahrungen
Fast zu seiner eigenen Überraschung stellt Léon Dehon wenige Zeit nach dem Beginn seiner Kaplanszeit in St. Quentin (November 1871) in einem Brief an seinen Freund Léon Palustre fest:
„Seit langem stehe ich nun schon in der Arbeit und bin komplett eingerichtet. Ich habe mich wesentlich bessere als ich erwartete in den aktiven Dienst eingefunden."
Typisch für die damalige pastorale Situation und Praxis ist die Beschreibung der ‘Erfolgserlebnisse’ im Kontakt mit Sterbenden und Kindern, im Kontrast zu allgemeiner religiöser Abständigkeit :
„Es ist eine wahre Quelle täglichen Trostes. Die späten Bekehrungen von Sterbenden, die freiherzigen und naiven Vorsätze der Kinder, all das vermag zum Teil die Traurigkeiten zu tilgen, die die Apathie und Immoralität der Massen verursachen." (ebd.)
In den ersten Monaten sind dies die pastoralen Erfahrungen, die Léon Dehon nachhaltig beeindrucken. Doch schon nach wenigen Monaten wird das Patronat St. Joseph und der Arbeiterzirkel für ältere Jugendliche das beherrschende Thema der gesamten Korrespondenz (Eltern, Palustre, P. Freyd). Begeistert beschreibt Dehon in einem Brief an einen Mitarbeiter im Patronat, M. Julien, seine Teilnahme am Kongress der Oeuvres ouvrières (Kongress der Vereinigungen für Arbeiter) 1873 in Nantes:
„Sehr geehrter, lieber Freund, ich kann Ihnen gar nicht meine Freude ausdrücken, zu diesem Kongress gekommen zu sein. Seit dem Konzil habe ich nicht mehr an einer derart heiligmäßigen und noblen Versammlung teilgenommen. Wie schön es doch ist, diese 800 Aktivisten in der katholischen Bretagne versammelt zu sehen: Priester, Laien, Richter, Industrielle, Armeeoffiziere, alles vom Geist der Nächstenliebe und vom Eifer erfüllt, allesamt Freunde der Jugend und der Arbeiter!
...M. Harmel von Val des Bois hat uns damit erfreut, die Wunder seiner Fabrik vorzustellen, die ein erstaunlicher Boden christlichen Lebens geworden ist. Er hat uns deutlich und durch Fakten gestützt die Lösung des Problems der Heiligung der Fabrik vor Augen geführt. Während der Kongress die Veröffentlichung seines Berichtes in der Auflage von mehreren tausend Exemplaren beschloss, nahm ich mir vor, Val des Bois zu besichtigen und ich zähle auf Ihre Begleitung." (Brief vom 28.08.1873)
Doch auch weit weg von seinen Aktivitäten in Saint Quentin vergisst er die ihm ans Herz gewachsenen Jugendlichen und Kinder nicht : „Sagen Sie unseren Kindern und Jugendlichen, dass ich sie nicht vergesse. Ich lebe hier nur für sie und bereitet mich darauf vor, St. Joseph einen neuen Schwung von Freude und Frömmigkeit zu geben. Ich werde ihnen neue Spiele besorgen und hoffe bald Gewehre zu haben, die ihrer Kriegslust besser entsprechen. Ich werde wunderschöne Abzeichen für die Gruppenleiter mitbringen und versprechen Medaillen für alle zu bestellen." (Ebd.)