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5. AUFMERKSAM FÜR DIE ANRUFE DER WELT
35. Das Leben der Hingabe, in unseren Herzen geweckt durch die unverdiente Liebe des Herrn, formt uns nach der Hingabe dessen, der aus Liebe ganz hingegeben ist dem Vater und ganz hingegeben ist den Menschen.
Dieses Leben der Hingabe leitet uns an, immer wieder und in immer größerer Treue mit dem armen und gehorsamen Herrn nach dem Willen des Vaters für uns und für die Welt zu fragen.
Es macht uns aufmerksam für die Anrufe, die er an uns richtet durch die kleinen und großen Ereignisse und in den Erwartungen und Unternehmungen der Menschen.
36. Die Welt von heute wissen wir geplagt von angespannter Anstrengung um Befreiung: Befreiung von allem, was die Würde des Menschen verletzt und die Verwirklichung seiner tiefsten Sehnsüchte gefährdet: Wahrheit, Gerechtigkeit, Liebe, Freiheit (vgl. GS 26-27).
Hinter all diesen Ansprüchen steht ein tiefes und umfassenderes Verlangen: die Einzelpersonen und die Gruppen begehren ein erfülltes und freies Leben, das des Menschen würdig ist... Unter diesen Umständen zeigt sich die moderne Welt zugleich stark und schwach, in der Lage, das Beste und das Schlimmste zu tun; für sie ist der Weg offen zu Freiheit oder Knechtschaft, Fortschritt oder Rückschritt, Brüderlichkeit oder Haß. Zudem wird nun der Mensch sich dessen bewußt, daß es seine eigene Aufgabe ist, jene Kräfte, die er selbst geweckt hat und die ihn zermalmen oder ihm dienen können, richtig zu lenken. Wonach er fragt, ist darum er selber (GS 9). 37. Durch das Fragen und Suchen hindurch spüren wir die Erwartung einer Antwort, die der Mensch erhofft, ohne sie selbst in Worte fassen zu können.
Diese Sehnsüchte unserer Zeitgenossen teilen wir. Möglicherweise sind sie die Offenheit für die Ankunft einer menschlicheren Welt. Wir teilen diese Sehnsüchte, obwohl sie das Risiko eines Mißerfolges oder eines Rückschlages in sich bergen.
Im Glauben, in Treue zur Unterweisung der Kirche, richten wir sie auf die Ankunft des Reiches, das Gott versprochen und verwirklicht hat in seinem Sohn.
38. Weit davon entfernt, uns den Menschen zu entfremden, macht uns unsere Profeß der evangelischen Räte mehr solidarisch mit ihrem Leben.
In unserer Art zu sein und zu handeln, durch das Mitwirken beim Bau der irdischen Gesellschaft und beim Aufbau des Leibes Christi müssen wir wirkungsvoll zum Ausdruck bringen, daß es das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit sind, die gesucht werden müssen vor allem und durch alles hindurch (vgl. Mt 6,33).
Und es darf keiner meinen, die Ordensleute würden durch ihre Weihe den Menschen fremd oder für die irdische Gesellschaft nutzlos. Denn, wenn sie auch zuweilen ihren Zeitgenossen nicht in unmittelbarer Weise hilfreich sind, haben sie diese doch auf tiefere Weise in der Liebe Christi gegenwärtig und wirken geistlich mit ihnen zusammen, daß der Bau der irdischen Gesellschaft immer in Gott gründe und auf ihn ausgerichtet sei und seine Erbauer nicht vergeblich arbeiten (LG 46).
39. Das ist ein prophetisches Zeugnis, das wir, mit der Gnade Gottes, durch unser Ordensleben geben möchten in vorbehaltlosem Einsatz für das Kommen der neuen Menschheit in Jesus Christus. |
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