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Ein Brief aus dem Krieg

Das Bild gibt einen ersten Eindruck von der Zerstörung Saint Quentins im ersten Weltkrieg (1914-1918). Während dieser Kriegsjahre versucht P. Dehon, durch Briefe mit möglichst vielen seiner Mitbrüder, besonders mit jenen, die als Soldaten der jeweiligen Armeen eingezogen sind, in Kontakt zu bleiben und ihnen beizustehen. Einer von ihnen ist der Scholastiker Paul Crépin (1893-1918), ein ehemaliger Schüler von Saint Jean und Saint Clément/Fayet, der seine Ersten Gelübde 1910 in Manage/Belgien abgelegt hat. Sein langer Brief Anfang 1918 an P. Dehon ist ein eindruckvolles und bewegendes Zeugnis. Wenngleich der Ort nicht ausdrücklich erwähnt ist, legt die Beschreibung Verdun als damaligen Stationierungsort nahe. Verdun, dass quasi zum Symbol der Materialschlachten und Stellungskriege des 1. Weltkrieges geworden ist und wo allein in den Kämpfen zwischen Juli und Dezember 1916 mehr als 700 000 Soldaten getötet wurden und dessen bewaldete Landschaft - wie aus dem Brief hervorgeht - zu einem einzigen riesigen, baumlosen Friedhof wurde.

"Hochwürdiger Herr Pater [Dehon], dadurch, dass Ihr Brief vom Januar auch Ihre Adresse enthält, habe ich nun die Gelegenheit, Ihnen meinerseits einige Neuigkeiten zukommen zu lassen. Ich hätte es schon viel eher tun wollen, aber in der Armee macht man nicht immer das, was man sich zu tun wünschte. In der Tat haben wir immer wieder unseren Standort wechseln müssen und befinden uns nun in einem berühmten Sektor, von dem aus ich Ihnen diese wenigen Zeilen sende. Ehrlich gesagt braucht man schon den ausdrücklichen Willen zum Schreiben, damit man es dann tut. Wir finden hier keinen einzigen Graben mehr, nur noch mit Wasser gefüllte Granatenkrater in einem berühmten Wald, von dem nichts mehr übrig geblieben ist als einige armselige Baumstämme, die die Granaten nicht entwurzeln wollten. Um uns herum nichts als Verwüstung: Keine zwei Meter kann ich entdecken, die nicht umgewühlt sind; Leichen, die schon längere Zeit liegen geblieben sind, und die zu begraben ich mir zur Aufgabe gemacht habe.

Nicht weit von uns die Deutschen (im franz. ‚Boche’ = Schimpfwort für Deutsche). All das gibt mir Anlass zu tiefgehenden Betrachtungen. Sie werden den schüchternen Jungen von früher nicht mehr wieder erkennen! Der Krieg hat mich ziemlich verändert und zu einem Mann der Tat gemacht: alles hat seine Zeit. Und momentan ist es der Krieg; wenn ich manchmal leidend bin, dann wegen des Krieges, und wenn ich mal Glück habe, ist es wieder der Krieg. Am Ende ist es natürlich ermüdend, aber ich habe eine derartige Aversion gegen die Deutschen (Boches), dass ich ihren Anblick nicht einmal auf einem Gemälde ertragen könnte. Doch momentan habe ich oft Gelegenheit sie zu Gesicht zu bekommen, aber nur um mich zu rächen. Ich bin froh zu einem Corps zu gehören, der keine Fraternisierung (Verbrüderung) zulässt. Und ich bin stolz den Auftrag zu haben - ich selbst habe ihn nicht gewollt - meine Gefühle an zahlreiche andere Soldaten weiterzugeben. Ich bin deswegen keiner zusätzlichen Gefahr ausgesetzt. Die Erfahrung macht sich bemerkbar, und außerdem glaube ich, auf besondere Weise beschützt zu werden.

Der Krieg hat mich auch gelehrt, was das Leben ist, im Angesicht des Todes. Außerhalb dieser wenigen Stunden der Betrachtung tue ich alles um meine Kameraden etwas zu unterhalten. Sie können sicher sein, dass ich meine Pflicht erfülle. Ungern verabschiede ich mich nun von Ihnen, der Dienst ruft! Aber wann werde ich Sie jemals wieder sehen können?..." (Brief an Dehon vom 28.1.1918, Arch. Dehon. Inv. 0067104). 5 Monate später, in einer der letzten großen Schlachten dieses Weltkrieges in der Region Aisne, kommt Paul Crépin im Alter von 25 Jahren ums Leben, vier Monate vor dem Ende des Krieges.

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