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Reiseabenteuer eines Studenten
Während seiner Studienzeit in Paris (1859-1964) nutzt der junge Léon Dehon ausgiebig die Semesterferien zu mehrmonatigen Reisen mit seinem Freund Léon Palustre: 1861 und 1862 nach Großbritannien bzw. Irland, 1863 nach Deutschland, Österreich, Skandinavien. Auch aus seinen über 20 Jahre später abgefassten Erinnerungen tritt uns sehr wohl das Temperament des damals 20jährigen Dehon entgegen. So bekommen wir Eindrücke einer sich entwickelnden Persönlichkeit, die uns in herkömmlichen Lektüren oft unbekannt bleiben.
"Ich hatte eine neue Reise mit Palustre geplant. Wir wollten Deutschland bereisen. Aufgrund meiner Erfolge im Studium stimmte mein Vater zu... Am 12 August fuhr ich los, um Palustre in Straßburg zu treffen. Ich hatte nicht vorhergesehen, dass uns unsere Reiselust bis nach Norwegen führen würde." (NHV II/21r)
Von Mitte August bis in den November hinein waren die beiden also in Zentral- und Nordeuropa unterwegs. Damit schießen sie zeitlich und geographisch derart über das mit den Eltern Verabredete hinaus, dass es kaum verwundert, dass diese sich zunehmend Sorgen machen:
"In Stockholm fand ich Briefe vor, die mir Schmerzen bereiteten. Meine Familie begann sich angesichts meiner Reiselust zu beunruhigen. Sie hatte einer Reise nach Deutschland zugestimmt, von Norwegen und Schweden war nicht die Rede gewesen. Daran hatte ich bei Beginn der Reise auch gar nicht gedacht. Meine Mutter befürchtete jedmögliches Unglück in diesen fernen Ländern." (NHV II/43v)
Immer wieder scheint in den Erzählungen das Temperament des 20jährigen durch, das auch die Entwicklung des sich erinnernden über 40jährigen P. Dehon nicht verdeckt. So beschreibt er, wie sie eines Abends in Schweden in Streit mit einem Kutscher geraten, der zuviel Entgelt verlangt. Nachdem sowohl der Schiedsmann als auch die Wirte ihrer Herberge sich auf die Seite des Kutscher schlagen, fährt Dehon fort:
"Unzufrieden mit unseren Wirten, die sich auf die Seite des Kutschers geschlagen hatten, wollten wir sie nicht mit unserem Verbleiben ehren. So brachen wir zum Erstaunen aller, um 10 Uhr abends bei klarem Mondschein auf, zu Fuß und die Rucksäcke geschnallt. Das war eine jugendliche Tollkühnheit. Wir hofften bald einen Bauernhof zu finden. Die Vorsehung strafte uns. Die ganze Nacht über mussten wir gehen. Unsere Kräfte ließen nach, der Frost machte uns zu schaffen. ... Musste man nach rechts oder links gehen? Unser Kompass war unser einziger Führer, diese Wege waren auf unseren Karten nicht verzeichnet. Erst gegen acht Uhr morgens fanden wir einen Bauernhof... Unsere Gesundheit hat Gott sei Dank darunter nicht gelitten." (NHV II/39v f.)