Kamerun 1959
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist in großen Teilen Afrikas geprägt von sehr unterschiedlichen Wegen zur Unabhängigkeit einzelner Länder. Kamerun wird nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei Treuhandgebiete der UNO aufgeteilt. Die Unabhängigkeitsbewegung wird insbesondere in den 50er Jahren immer stärker, immer wieder von gewalttätigen Ausschreitungen begleitet. 1958 gewährt Frankreich Kamerun die Autonomie für die inneren Angelegenheiten, zwei Jahre später erlangt der französische Teil Kameruns die vollständige Unabhängigkeit und wird Mitgliedstaat der UNO.
P. Héberlé, über 25 Jahre lang französischer Herz-Jesu-Priester in Kamerun, hatte diese Situation seit Langem erkannt und verstanden:
„Das kamerunesische Volk ist sich seiner gemeinschaftlichen Interessen sehr bewusst. Sie möchten zu einer wirklichen Emanzipation gelangen...Die katholische Kirche hat sich mehr und mehr den neuen Gegebenheiten angepasst, die Hauptverantwortung wird mehr und mehr dem einheimischen Klerus übergeben. Sie geht auf absolute Distanz zur westlichen Politik. Und sie klagt die verheerenden Konsequenzen des westlichen Laizismus und Materialismus an.“ (Brief zitiert in Vie Catholique, 28.8.1960)
P. Héberlé stand hinter dieser Entwicklung. In derselben Zeitung wird er als „glühender Verfechter der afrikanischen Freiheit“ beschrieben. Dennoch wird er selbst und zwei andere Herz-Jesu-Priester, P. Musslin und Bruder Sarron) Opfer der Gewalt, die diese Bewegung begleitet.
Als er 1959 auf Heimaturlaub in Frankreich ist, wird er von vielen Seiten bedrängt, angesichts der gefährlichen Situation nicht wieder nach Kamerun zurückzukehren. In einem Brief vom September 1959 beschreibt er, warum er sich dennoch zur Rückkehr in seine Mission entschlossen hat:
„Ich habe gegen alle möglichen Familienbande, gegen meine Umgebung kämpfen müssen und dies bis zum Schluss. In derlei Situationen wird uns bewusst, wie nötig es ist, sich selbst zu sterben, vollkommen allem zu entsagen, um unserem Herrn nachzufolgen und sein Kreuz zu tragen. Wenn ich in meine Mission zurückgekehrt bin, dann einzig und allein, um den Willen Jesu Christi zu tun, um bei den Seelen zu sein, die er mir anvertraut hat und für die ich ihm gegenüber verantwortlich bin... In der augenblicklichen Situation braucht man dafür einen unerschütterlichen Glauben, absolutes Vertrauen und eine makellose Liebe... Es ist der Augenblick der Prüfung, für uns Priester und für uns Christen. Gott unterzieht uns mit Feuer und Blut einer Prüfung. Sein Wille geschehe: So werden wir in die Pflicht genommen, uns vollkommen seinem Dienst zu weihen und uns in unseren Opfern mit dem Seinem, dem Kreuz, zu vereinen.“ (9. September 1959)
Am 30. August 1959 wird P. Musslin in seiner Missionsstation erschlagen. Am 29. November wird die Missionsstation Banka-Banfang überfallen. P. Héberlé wird zunächst angeschossen und dann enthauptet. Br. Valentin Sarron kann zunächst flüchten, doch auch er wird schließlich gefasst und enthauptet. Ein einheimischer Katechet und ein weiterer kamerunesischer Weltpriester fallen ebenfalls der Gewalt zum Opfer.