Einleitung
In der Enzyklika zur Vorbereitung des Jubiläums 2000, Tertio Millennio Adveniente, brachte Papst Johannes Paul II. die Idee auf, das Gedächtnis an jene Christen zu erhalten bzw. zu erwecken, die im 20. Jahrhundert ihr Leben als Christen gelassen haben:
"In unserem Jahrhundert sind die Märtyrer zurückgekehrt, häufig unbekannt, gleichsam ‚unbekannte Soldaten’ der großen Sache Gottes. Soweit als möglich dürfen ihre Zeugnisse in der Kirche nicht verloren gehen." (TM 37)
Im Anschluss an diesen Aufruf wurde im Vatikan eine "Kommission Neue Märtyrer" eingesetzt, die mittlerweile mehr als 12 000 Dokumente von christlichen Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts aus aller Welt gesammelt hat (Vgl. das Buch von Andrea Riccardi: Il secolo del martirio - i cristiani nel novocento, Mondadori, Milano 2000). Es ging nicht darum, Prozesse nach Art der Selig- und Heiligsprechungsprozesse zu starten, sondern die Geschichte von Christen zu erzählen und zu bewahren, die wegen ihres Christseins starben:
"Die Geschichte ihrer Ermordung ist die Geschichte ihrer Schwachheit und ihrer Niederlage. Und dennoch haben diese Christen gerade unter Bedingungen größter Schwachheit eine außerordentliche geistliche und moralische Kraft an den Tat gelegt: Sie haben ihren Glauben, ihre Überzeugungen, ihren Dienst an anderen Menschen, ihren Dienst im Auftrag der Kirche nicht verleugnet um so ihr eigenes Leben zu retten und zu überleben. In extremer Schwachheit und unter höchstem Risiko haben sie eine große Kraft gezeigt. Der Christ des 21. Jahrhunderts ist aufgefordert, über diese Wirklichkeit nachzusinnen, auch um zu erfassen, worin tatsächlich die ‚Kraft’ des Christentums liegt." (Andrea Riccardi, op. cit. S. 12)
Die Dehonianische Familie ist Teil dieser Wirklichkeit. Am 11. März 2001 wurde P. Juan María de la Cruz García Méndez scj (1891-1936) selig gesprochen. Doch P. Méndez ist nicht der einzige dehonianische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. In den folgenden Kapiteln werden wir die Geschichten mehrerer Dehonianer erzählen, die für die ‚ohnmächtige Kraft’ des Christentums Zeugnis abgelegt haben. Derart möchten wir auch den Aufruf von P. General Virginio Bressanelli aufgreifen, "das historische Gedenken an jene bedeutenden Schwestern und Brüder zu erhalten, die Modelle und Anregung sein können, um mit größerer Intensität die Berufung und Sendung zu leben, die wir in Kirche und Welt von heute haben." (Brief an die Dehonianische Familie zur Ankündigung der Seligsprechung von P. Méndez, Prot. N. 286/2000)
Wir stehen noch am Anfang des Gedenkens unserer Märtyrer oder Glaubenszeugen - viele Geschichten sind kaum oder gar nicht erforscht, viele Geschichten noch ungeschrieben. Die Feststellung Riccardis für die gesamte Kirche gilt um so mehr für die Dehonianische Familie: "...es handelt sich lediglich um einige Namen und Gestalten, wenige Umrisse eines zum großen Teil noch unerforschten Kontinentes." (op. cit., S. 16)