Deutschland 1941
Martin Bormann, einer der führenden Nazis, schrieb in den 30er Jahren: "Die nationalsozialistischen und christlichen Anschauungen sind unvereinbar… Alle Strukturen, die in irgendeiner Weise Einfluss auf die Führung des Volkes haben und die den allein dem Führer und der Nationalsozialistischen Partei zustehenden Einfluss beeinträchtigen oder gar schwächen könnten, müssen ausgeschaltet werden." (zitiert in Riccardi, Il secolo del martirio, S. 79)
Sehr bald wurden die Ordensgemeinschaften als vermeintlich schwaches und dennoch - verglichen mit der kirchlichen Hierarchie - schwer zu kontrollierendes Element Gegenstand nationalsozialistischer Politik. 1935 begann eine Reihe von Prozessen, medienträchtig im Sinne einer Sensationspresse begleitet, in denen Ordensleute angeklagt wurden, gegen Devisengesetze verstoßen oder sexuellen Missbrauch durchgeführt zu haben. Diese Prozesse - oftmals ohne jegliche sachliche Grundlage - waren Teil des Versuchs, das Ordensleben in Deutschland auszulöschen.
1935 legten die Nationalsozialisten den Orden strenge Devisenbeschränkungen auf, unter denen v.a. internationale Kongregationen leiden sollten. Damit befand sich die deutsche Provinz am Rand des finanziellen Ruins.
P. Franz Loh, von 1932 bis 1936 Provinzoberer, erkannte sofort, dass die Zukunft der Kongregation in Deutschland auf dem Spiel stand. Da es ihm unmöglich war, das Haus Sittard (gehörte zur deutschen Ordensprovinz, lag aber auf holländischem Gebiet) mit legalen Mitteln zu retten, blieb ihm keine andere Möglichkeit als dem Haus auf heimlichem Weg Geld zukommen zu lassen.
1935 kam P. Philippe nach seiner Bischofsweihe in Rom „bald nach Sittard, um dort Diakonen der Provinz die Priesterweihe zu erteilen. Am Tage darauf erreichte das Haus die Schreckensbotschaft: die deutsche Kriminalpolizei hatte zugefasst. Ein deutscher Mitbruder, der mit den Nationalsozialisten sympathisierte, hatte Verrat geübt.“ (Bothe, in Dehoniana 2000/3, S. 110)
Im April 1936 fand der Prozess in Krefeld statt. Einige der angeklagten Herz-Jesu-Priester waren bereits im Gefängnis, andere wie P. Loh waren auf der Flucht. 13 Herz-Jesu-Priester wurden zu Haft- und Geldstrafen verurteilt. P. Loh, der als der Hauptverantwortliche betrachtet wurde, wurde zu vier Jahren Zuchthaus, vier Jahren Ehrverlust und einer Ersatzstrafe von 500 000 Mark verurteilt.
Nach dem Einmarsch der Deutschen in Luxemburg wurde P. Loh am 10.12.1940 entdeckt, sofort verhaftet und zunächst nach Bonn und dann ins Gefängniskrankenhaus in Düsseldorf gebracht.
„Loh hielt körperlich die Haft nicht durch. Die Härte des Haftaufenthaltes, verbunden mit einem Zuckerleiden, brachte den Tod. Erst einige Tage zuvor erfuhr die Ordensgemeinschaft von seinem Aufenthaltsort und von seinem ernsten Zustand... Am 20.3.1941 ist P. Loh gestorben. Nach seinem Tod wurde die Leiche freigegeben. P. Schunck ließ sie in rotem Messgewand in den Sarg legen... Wie Loh noch seinen ihn kurz vor seinem Tod besuchenden Mitbrüdern gestand, wollte er seinen einsamen Tod für seine Ordensgemeinschaft aufopfern." (Bothe, Dehoniana 2000/3, S. 111)
1961 wurden alle verurteilten Herz-Jesu-Priester rehabilitiert und die Urteile durch die Zweite Große Strafkammer in Krefeld aufgehoben.